Infaquartier in Wünsdorf
Die von 1911-13 errichtete Infanterieschule in Wünsdorf stand seit 1994 leer und war über Jahre dem Verfall ausgesetzt. Das außergewöhnliche Denkmal-Ensemble wird nun von cubus plan mit umfangreicher Planung zur Umnutzung wieder zum Leben erweckt: als neues INFA-Quartier.
Fast ein Jahrhundert Militärstandort
Die Anlage in Wünsdorf entstammt der späten Kaiserzeit und war für fast ein Jahrhundert Militärstandort. Ab 1906 entstanden an dem Standort zahlreiche Militäranlagen und Wünsdorf wurde zum Hauptquartier der Reichswehr im 1. Weltkrieg. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 entwickelte sich Wünsdorf zu einem Zentrum der „Schnellen Truppen“ und einem Trainingslager für die Olympischen Spiele. 1945 erfolgte der Einmarsch sowjetischer Truppen und Wünsdorf wurde Sitz des russischen Oberkommandos (GSSD) mit 30.000 Soldaten und 80.000 Sowjetbürger:innen. Nach dem Abzug der Truppen 1994 wurde es schließlich zum größten Konversionsgebiet Deutschlands.
Ein Quartier für junge und alte Menschen
In den 18 Bestandsgebäuden entsteht nun ein Ort mit gemischten Nutzungen für junge und alte Menschen. Verschieden große Mietwohnungen bilden zusammen mit Gewerbeflächen und einer angedachten Kita ein vielfältiges Quartier. Dabei werden die ursprüngliche Bausubstanz und historischen Besonderheiten weitestgehend erhalten und wieder für Bewohner:innen zugänglich gemacht.
Auf dem > 11 Hektar großen Außengelände sind neben insgesamt 225 Wohneinheiten mit regenerativer Wärmeversorgung außerdem rund 3.000 Quadratmeter Gewerbefläche geplant. Für den ehemaligen Militärstandort bricht damit ein neues Kapitel an: mit Vielfalt, Erholung und Nähe zur Natur. Vom Regionalladen und Cafeteria, Co-Working Space und Büroflächen, über Tischlerei und Sägewerk, Atelier und Werkstatt bis hin zu Arztpraxis und Physiotherapie, Hochzeitsplanung und Kulturevents ist vieles für das INFA Quartier denkbar.
Vor der Transformation @ cubus plan gmbh
Nach der Sanierung @ cubus plan gmbh
Wohnen im ehemaligen Mannschaftsgebäude
Ziel ist es, das Gelände langfristig wiederzubeleben und verschiedene Personengruppen an einem Ort zu vereinen. Die beiden ehemaligen Mannschaftsgebäude sind die höchsten Baukörper der gesamten Anlage. Diese viergeschossigen, symmetrisch aufgebauten Putzbauten mit Mansarddächern werden als erstes komplett saniert und zu Wohngebäuden umgebaut. Ab 2024 ziehen die ersten Mieter:innen ein.
Um verschiedenen Bedürfnissen und Lebenssituationen von Bewohner:innen gerecht zu werden, gibt es im Wechsel große und kleine Wohneinheiten. Es entstehen je Mannschaftsgebäude sechs Zweizimmerwohnungen von 45 – 80 qm, 18 Dreizimmerwohnungen von 72 -120 qm und 12 Vierzimmerwohnungen von 100 – 120 qm. Zur ausreichenden Belichtung der Einheiten werden ehemalige Erschließungsgänge aufgelöst und in die Wohnungsgrundrisse integriert. Durch den Einbau eines Aufzuges ist das Gebäude auch teilweise barrierefrei nutzbar. Balkone, Dachterrassen und Zugänge zum Garten stellen Bezug zum Außenraum her.
Denkmalgerechte Sanierung
Ein Fokus liegt bei dem Projekt auf der denkmalgerechten Sanierung des Bestands. Die von dem Berliner Architekten Ernst Richter entworfene Infanterieschule stellt mit ihrer Anlehnung an Formen barocker und klassizistischer Architektur ein charakteristisches Zeugnis für die Architektur im frühen 20. Jahrhundert dar. Um die Hauptansicht des Denkmals nicht zu stören, werden ausschließlich an die Ostfassade schlichte Balkontürme als Ergänzung gestellt. Die tragenden, massiven Bestandswände werden grundsätzlich erhalten und vereinzelt neue Türöffnungen geschaffen. Vorhandene Bögen im Inneren bleiben sichtbar.
Auch die Putzfassaden der Gebäude, die Schichten aus verschiedenen Jahrzehnten aufweisen, werden aufgrund ihres schlechten Zustands saniert. So kommt für die Rekonstruktion der Mannschaftsgebäude eine besondere Wurftechnik zur Anbringung des historischen Oberputzes zum Einsatz, um dessen ursprüngliche Farbe, Material und Struktur wiederherzustellen. Damit wird das Denkmalensemble für neue Nutzungen zukunftsfähig, ohne seinen ursprünglichen Charakter zu verlieren.
Planung cubus plan gmbh
Leistung LPH 1-9, Sanierung, Umnutzung und Umbau der denkmalgeschützten Gebäude zu Wohnungen (Mannschaftsgebäude 1 & 2), pro Gebäude – BGF Bestand: 5.986 qm, BGF neu: 6.101 qm. 2017 – laufend
Auftraggebende Baltic Memorial OHG
Ort Wünsdorf bei Zossen
Fachplanung Dipl. Ing. (FH) Dirk Grabow, Ingenieurbüro für Bauwesen (Statik), Sähring & Luci Ingenieurgesellschaft mbH (Brandschutz), Tonio Aschoff (Energieberatung), HiBu Plan (Umwelt & Artenschutz), Anke Höchel-Pradel (Restauratorische Untersuchung), Anja Brückner (Konzept Gartendenkmalschutz), Michael Peter (Vermessung) bauausführung Werk2 GmbH (Bauleitung, Ausbau)
Projektteam Itziar León, Philipp Schmidt, Jasmin Auda, Anna Ohlrogge, Maja Kastaun, Eva Horn, Minh-Phie Truong