Künstlerische Neufassung der Kirche St. Dionysius

Die Gemeinde der römisch-katholischen Pfarrkirche St. Dionysius in Elsen, einem Stadtbezirk von Paderborn, stand vor einer großen Entscheidung: Zeitgemäße Neuausmalung oder Konservierung des Bestandes? Man entschied sich im Rahmen der umfangreichen Sanierung des denkmalgeschützten Kirchengebäudes für die künstlerische Neufassung und damit für den Einzug zeitgenössischer Kunst in die Kirchenräume. Für die Neufassung wurde der international renommierte Künstler Tobias Kammerer aus Rottweil beauftragt.

© Tobias Kammerer

Kunst der Farbe

Kammerer ist ein Meister der Farbkomposition, intuitiv erkennt er die Gesetzmäßigkeit von Farb- und Lichtführung und reagiert darauf mit seiner Malerei. Seine Ausmalungen wirken wie monumentale Aquarelle, rasch hingeworfen mit übergroßen Pinseln. Doch die Leichtigkeit dieser Malerei ist hohe Kunst, ausgeführt mit Silikatfarben in bis zu 30 lasierenden Schichten.
Sein Anliegen, getragen von tief empfundener Spiritualität, ist immer die künstlerische Gesamtgestaltung. Dabei konkurriert er nie mit der Architektur oder manipuliert ihre Raumwirkung, sondern interpretiert und transformiert sie durch malerische Kommentare im Wechselspiel zwischen Fläche und Linie, Ruhe und Dynamik, Form und Auflösung. Kammerers sakrales Werk ist farbenfroh, lebensbejahend und frei interpretierbar, es verweist auf Grunderfahrungen der menschlichen Existenz und kann im religiösen wie nicht religiösen Kontext gelesen werden.

Farbräume

In St. Dionysius griff der Künstler die schlichte Ausmalung der Kirche auf und entwickelte darauf aufbauend seine eigene Gestaltung. „Farbe ist eine Urkraft, die Farbzuordnungen folgen meiner Auffassung von christlicher Symbolik“, so Kammerer.

© Tobias Kammerer

Die Taufkapelle aus dem frühen 13. Jahrhundert ist der älteste Teil der Pfarrkirche. Ihr Gewölbe ist dem Himmelsmotiv entsprechend in Blautönen gehalten. Die lasierende Ausmalung in bewegtem Duktus könnte man hier auch als „Wasser des Lebens“ deuten, aus dem der Täufling wie neugeboren als Kind Gottes wiederauftaucht.

Das Mittelschiff wird durch Kammerers Ausmalung optisch erhöht, indem das Blau in den unteren Bereichen der Gewölbeflächen sich nach oben hin aufhellt. Dieser Verlauf zieht den Betrachter quasi nach oben und streckt den Raum. Den Fenstern und den Steinsäulen mit ihren Kapitellen verleiht der Künstler durch farbige Akzente mehr Gewicht.

Jedes Gewölbe schließt mit einer kreisförmig bewegten blauen Farbfläche um den Schlussstein. Der Kreis als vollendete geometrische Figur steht hier für die Vollkommenheit Gottes. Frei geführte farbige Linien öffnen die Geschlossenheit der Kreisform und laden zu weiteren Interpretationen ein.

© Tobias Kammerer

Das Vierungsgewölbe über dem Altar ist mit einem großen Rundgemälde ausgestaltet: Amorph fließende, durchscheinende Flächen in verschiedenen Blautönen sind durchzogen von dynamischen, kreisförmigen Linien in unterschiedlichen Farben und offen für individuelle Deutungen und Empfindungen.

Ein Blickfang für den Kirchenbesucher ist die Rückwand des Chorraumes. Hinter dem Kruzifix hat Tobias Kammerer mit zarten roten Linien ein Kreuz angedeutet, bewegt nach oben strebende Farbflächen in Gold symbolisieren den Auferstehungsgedanken. Das goldene Band entspringt einem exakt geführten purpurroten Farbsockel. Mit der Farbe Rot verbindet sich die Vorstellung von Blut – hier stellvertretend für die Passion Christi –, aber auch seiner Liebe zu uns Menschen.

An der Westwand der Kirche hing früher ein Kreuz mit einem Corpus von 1671. Daran erinnern horizontale und vertikale roten Linien in Kreuzform. Hauptblickfang ist ein breiter Pinselstrich, der von Rot zu Blau wechselnd der Decke entgegenstrebt und Verwandlung symbolisiert – von Emotion zu Geistigkeit, von Leiden zu Erlösung, von der Erde zum Himmel.

In der neu geschaffenen Marienkapelle hat die alte Pietà ihren Platz gefunden. An der Wand hinter der Skulptur wird in breit angelegten, transparenten Farbflächen ein Kreuz sichtbar, längs in Ultramarinblau, quer in Türkisblau gehalten. Akzentuiert werden die Farbflüsse durch Linien in Rot und Orange.

In St. Dionysius gelingt es Tobias Kammerer erneut, mit seinen malerischen Interventionen den Kirchenraum neu zu komponieren und einen Dialog zwischen Alt und Neu, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Gott und den Menschen zu initiieren.

  • Fotos: Tobias Kammerer

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