GEZE-Expertengespräch: Sanierung im Spannungsfeld zwischen Brandschutz und Barrierefreiheit
Sanieren, Renovieren oder Umbauen von Bestandsgebäuden sind die häufigsten, aber mitunter auch die schwierigsten Bauvorhaben. Gerade Themen wie Brandschutz und Barrierefreiheit lassen sich aufgrund der vorhandenen Bausubstanz oftmals nur eingeschränkt bewerten – und an die momentan gültigen Regelungen anpassen. Wie sich die Planer diesen Herausforderungen stellen können, diskutierten im GEZE-Studio die beiden Fachexperten Stephanie Dietel und Josef Faßbender.
Herausforderung beim Brandschutz: Identifikation des Ist-Zustands
Die größte Herausforderung bei Umbaumaßnahmen im Bestand ist für den Brandschutzexperten Josef Faßbender die Feststellung des Ist-Zustands. Die Identifizierung von alten Türen und Feuerschutzabschlüssen kann problematisch sein, wenn Profilserien nicht ausreichend gekennzeichnet sind bzw. der Abgleich mit Zulassungen und Herstellervorgaben fehlt.„Besteht allerdings der Verdacht auf beispielsweise eine Asbestbelastung der Türen, dann ist ein Austausch ratsam – aber es ist Vorsicht bei der Entsorgung geboten“, so der Experte. Es geht also zuerst darum, festzustellen, ob die Baugenehmigung noch gültig ist und ob gegebenenfalls neue Brandschutz- oder Fluchtwegekonzepte, baurechtliche Anforderungen und dann die anzuwendenden Normen und Richtlinien berücksichtigt werden müssen.
Das größte Problem und gleichzeitig spannendste Thema bei Feuerschutzabschlüssen im Bestand ist
die Bewertung des Ist-Zustands und der Abgleich mit den geltenden Regelungen bzw. der Bauartgenehmigung.
Josef Faßbender, Experte und Sachverständiger im Bereich der Türtechnik
Konzepte für Brandschutz und Barrierefreiheit
Neben Brandschutzkonzepten gibt es in einigen Bundesländern inzwischen auch Barrierefrei-Konzepte (BFK). „Vor allem bei Bauaufgaben im Bestand halte ich Barrierefrei-Konzepte für ein wertvolles Hilfsmittel, um den Planern eine sinngemäße und schutzzielorientierte Anwendung der DIN 18040 zu ermöglichen. Für die Planung bedeutet dies nicht selten Abweichungen, Kompensationsmaßnahmen oder die Erläuterung der funktionalen Barrierefreiheit – und das alles in Bezug auf den baulichen Kontext.“, so Stephanie Dietel. Der Mehrwert des Barrierefrei-Konzepts zeigt sich in verschiedenen Punkten: Zum einen wird darin die objektkonkrete Aufgabenstellung formuliert, das bedeutet, die baurechtlichen Anforderungen sowie die Wünsche, die der Bauherr oder Nutzer hat. Darüber hinaus bildet es den „roten Faden“ durch den Planungs- und Bauprozess: Alle an der Planung und Ausführung Beteiligten wissen somit zu jeder Zeit, was im Hinblick auf die Barrierefreiheit zu leisten ist und wo sich Schnittstellen zu anderen Fachplanungen ergeben.
Das Barrierefrei-Konzept bildet den roten Faden durch den Planungs- und Bauprozess.
Alle an der Planung und Ausführung Beteiligten wissen somit zu jeder Zeit, was im Hinblick auf die Barrierefreiheit zu leisten ist.
Stephanie Dietel, Diplom-Architektin
Enge Zusammenarbeit der Fachbereiche Brandschutz und Barrierefreiheit
Um eine barrierefreie Selbstrettung im Gebäude zu ermöglichen, ist eine enge Verzahnung der beiden Fachbereiche notwendig. Vor allem für Rollstuhlnutzer gerät der vertikale Rettungsweg über die Treppe oder auch der horizontale über Brandschutztüren, schnell zum Hindernis. „Hier bildet sich eine klare Schnittstelle zwischen Barrierefreiheit und Brandschutz mit dem Ziel, eine geeignete barrierefreie Rettungskonzeption zu entwickeln. Es ist daher hilfreich schon recht früh in der Planung den Dialog mit der Brandschutzfachplanung zu suchen und das Schnittstellenthema zu platzieren.“, so die Architektin Stephanie Dietel. Hier ist insbesondere das Nachrüsten von Tür-Antrieben zu prüfen, um einen effektiven Rauch- und Wärmeabzug zu gewährleisten.
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