Berliner Schloss Humboldt Forum
Innenhöfe des rekonstruierten Berliner Schlosses für Besucher wieder offen
Nach rund acht Jahren Bauzeit und anschließenden Verzögerungen durch die Corona-Pandemie kann das Humboldt Forum hinter den rekonstruierten Fassaden des Berliner Schlosses am 20. Juli 2021 seine Türen öffnen.
Rund 25.000 Zierelemente aus Naturstein befinden sich an den Fassaden des neuen Berliner Schlosses. Bei der Produktion kamen modernste Techniken wie 3D-Scanner, Seilsägen oder Roboterarme zum Einsatz.
Auf drei Seiten trägt der Neubau des Berliner Schlosses mitten in der City wieder die historischen Barockfassaden. Ihre überreiche Zier mindert die gewaltige Baumasse des Gebäudes – immerhin misst es in der Länge 184 m und in der Breite 117 m bei 35 m Fassadenhöhe. Wie beim Originalbau aus Barockzeiten wurden die Zierelemente in Naturstein gefertigt. Insgesamt handelt es sich um rund 25.000 Stück, die von kleinen Skulpturen an den Fenstern oder in den Gesimsen bis hin zu tonnenschweren Wappen an den Portalen reichen.
Das Projekt gab einigen Fachbetrieben im Deutschen Naturwerkstein-Verband (DNV) die einmalige Gelegenheit, ihr Können sowohl in Sachen Qualität als auch in Sachen Quantität unter Beweis zu stellen. Die DNV-Mitgliedsbetriebe Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser und Hofmann Naturstein waren an den Bauarbeiten beteiligt.
Seit Dezember 2020 sind die Baumaßnahmen außen und innen abgeschlossen. Die Eröffnung des Gebäudes fand jedoch zunächst nur virtuell statt und ist nun auf den 20. Juli 2021 terminiert.
Schon die Außenmauern sind ungewöhnlich, denn die großen Sandsteinelemente sind in die Fassade integriert. Dafür wurde vor der tragenden Wand aus Stahlbeton eine Ziegelwand mit im Mittel 60 cm Dicke aufgemauert. Sie ist mit dem Beton dahinter über Gelenkanker verbunden.
In die Ziegelmauer sind die Natursteinelemente je nach Größe und Gewicht mehr oder minder tief eingelassen. Über die Mauer wird auch die Last der dekorativen Balustrade ganz oben abgeführt. Das darunter liegende Hauptgesims ragt um mehr als eineinhalb Meter hervor.
Ziel dieser aufwendigen Konstruktion war auch, dem Gebäude den Ausdruck von Dauerhaftigkeit und Wert zu geben, wie es bei einen Pressetermin hieß. Schließlich solle das neue Schloss, das mit dem Humboldt Forum einen kulturellen Leuchtturm in Deutschlands Kulturlandschaft beherbergen wird, nicht aussehen wie eine Einkaufsmall.
Die riesige Menge an Fassadenelementen konnte nur unter Einsatz moderner Techniken wie 3D-Scanner und CNC-Maschine gefertigt werden. Das Geld für die historische Fassade kam allein aus privaten Spenden – Wilhelm von Boddin hat dafür bisher in unermüdlicher Arbeit 105 Millionen Euro gesammelt. Der Kosten- und ebenso der Zeitrahmen waren rigide.
Ein Beispiel für die Zierelemente sind die 43 Adler, hoch oben an der Fassade: Sie schauen mal nach links und mal nach rechts, unterschieden sich aber noch in viel mehr Details, so dass es eigentlich 30 verschiedene dieser preußischen Wappenvögel gibt. Die Spannweite ihrer Flügel liegt zwischen 1,20 und 2,60 m und richtet sich nach dem Abstand der Fenster.
Teilweise musste die Rekonstruktion der Zierelemente praktisch von Null erfolgen, denn nach den Zerstörungen des Krieges waren beinahe alle Unterlagen verloren gegangen. Glücklicherweise aber fand sich im Vermessungsamt von Berlin-Mitte ein Katasterplan aus dem Jahr 1880, zusätzlich gab es Ruinenfotos und Aufmaße vor der Sprengung nach Kriegsende. Damit konnten die Längen und Winkel der Fassadenteile wieder errechnet werden.
Diese Maße gingen an die Schlossbauhütte, die, wie früher bei solchen Großbauten üblich, auch für dieses Mega-Projekt eingerichtet worden war. In Berlin-Spandau erstellten anhand der Maße die Modellbildhauer Tonmodelle, gossen damit Gipsfiguren, anhand derer zuletzt Bildhauer die neuen Stücke aus Stein schufen.
Die Gipsmodelle wurden mit 3D-Scannern vermessen. Die so gewonnenen 3D-Modelle waren die Grundlage für die computergesteuerten Maschine. So etwa wurden Adler oder zahlreiche Pilaster, Kapitelle, Genien und Bukranien, in den Werkstätten der Natursteinfirmen mit den Roboterarmen vorgefräst, um dann von den Bildhauern vollendet zu werden. Auch CNC-gesteuerte Sägen mit Diamantseilen kamen zum Einsatz.
Dabei kam von den Maschinen die zeitaufwändige Vorarbeit. Sie schufen jedoch nur unfertige Oberflächen, denen Steinmetze und Bildhauer wie früher in Handarbeit den letzten Schliff gaben.
Die vierte Fassadenseite, die zum Alexanderplatz weist, ist nicht nach historischem Vorbild wiederhergestellt. Ihr Entwurf stammt von dem italienischen Architekten Franco Stella, der auch für die neue Innengestaltung im Schloss verantwortlich zeichnet.
Auf dieser Schlossseite unmittelbar an der Spree ist neu der Spreebalkon mit den Spreeterrassen entstanden, den die Berliner sofort nach dem Ende der Corona-Beschränkungen mit ihren Klappstühlen erobert haben.
Andreas Schlüter hatte von 1698 bis 1716 dem zuvor bescheidenen Schloss die barocke Fassadenpracht gegeben. Die Figuren und Verzierungen sollten den göttlichen Willen hinter dem Machtanspruch unterstreichen.
Nach Bombenangriffen war das Gebäude im Februar 1945 ausgebrannt. 1950 wurde es gesprengt. Zu DDR-Zeiten stand dort der Palast der Republik. 2000 hatte eine internationale Expertenkommission dazu geraten, in Berlins Mitte wieder ein Bauwerk in den äußeren Formen des Berliner Schlosses als Humboldt Forum zu errichten. Dieser Empfehlung folgte der Deutsche Bundestage im Jahr 2002.
Die Gesamtkosten der Rekonstruktion werden vom Bauherrn auf 677 Millionen Euro beziffert, von denen – bei einer Zwischensumme – der Bund 532 Millionen Euro und das Land Berlin 32 Millionen Euro übernehmen. Hinzu kommen die Spendengelder für die Wiederherstellung der Fassade.
Deutscher Naturwerkstein-Verband
Quelle: Stone-Ideas.com
https://www.stone-ideas.com/category/deutsch/architektur/naturstein-architektur/